An
Staatsanwaltschaft 1 bei
dem Landgericht Berlin
10548 Berlin
teile ich nach Durchsicht des bisherigen Ergebnisses der Ermittlungen
mit, daß sich nach hiesiger Auffassung und nach Auffassung der
Hinterbliebenen des Getöteten der Anfangsverdacht für das
Vorliegen eines Kapitalverbrechens eher verstärkt hat,
wenngleich wir nicht verhehlen wollen, daß jetzt auch wir im
Moment erfolgversprechende Hinweise auf Kreise, in denen die
Mörder zu suchen sein könnten, nicht nennen können.
Das Ergebnis der ergänzenden Untersuchung des Mageninhalts
des Getöteten (Beiakte Obduktionsband Bl. 57 sowie Bl. 59) erweist,
daß der Mageninhalt dem entspricht, was der Getötete
am 17.10.1998 gegen 13.00 Uhr im mütterlichen Haushalt zuletzt
verzehrt hat, nämlich Spagetti mit frischem, von der Mutter
geschnittenen Basilikum und frischem Käse.
Nach Durchsicht der Akte und Beschreibung das Mageninhaltes
ist davon auszugehen, daß hier ein Verdauungszeitraum nicht
länger als wenige Stunden, höchstens vier Stunden zugrunde zu
legen ist.
Es ist im Moment nicht erkennbar, daß Anhaltspunkte dafür
beständen, daß der Getötete vier Tage nach dem letzten
Verzehr von Lebensmitteln im mütterlicher Haushalt erneut genau das
selbe gegessen hat, zumal dies nach Schilderung seiner Mutter
nicht etwa ein besonderes Lieblingsessen des Getöteten war,
sondern von ihr an diesem Mittag kredenzt worden ist und der
Getötete dies klaglos wie jedes andere Mittagessen auch
verzehrt hat.
Wir bitten daher für den Fall, daß die Staatsanwaltschaft
nicht davon ausgehen will, daß dieser Mageninhalt von diesem
Verzehr am Sonnabend mittag stammt, kriminaltechnisch untersuchen
zu lassen die Schnittspuren an den dort vorgefundenen Salat- bzw.
Basilikumbeimengungen. Die Mutter des Getöteten ist bereit,
ihre damals verwandte Schere zur Verfügung zu stellen
für Vergleichsuntersuchungen.
Die Sache ist für das Vorliegen eines Tatverdachtes und Annahme
eines Fremdverschuldens bei der Tötung von erheblicher Bedeutung.
Der Verdauungsprozeß endete mit dem Tode. Wenn die Nahrung,
die er Samstag mittag eingenommen hat praktisch in einem Verdauungszustand
nach 3 - 4 Stunden erhalten ist, müßte der Todeszeitpunkt
eben Samstag nachmittag gegen 16.00 bis 17.00 Uhr eingetreten sein.
Dieses Ergebnis ist aber unvereinbar mit den Feststellungen des
Sachverständigen Prof Dr. Schneider (Dr. Rothschild).
Wenn dann der Leichnahm nicht über Tage hinweg unter
Kühlhausbedingungen verwahrt wurde, bevor man ihn
aufhängte, müßte hier einer Erklärung
nachgegangen werden.
Ist er aber unter Kühlhausbedingungen aufbewahrt worden, so
liegt darin ein greifbarer Hinweis auf Fremdeinwirkung.
Eisenberg, Rechtsanwalt
In der Strafsache
gegen unbekannt
wegen des Todes des Boris F-----
1 Kap Js 1995/98