Berlin, den 25.3.2002


[Die Eltern von Boris F.]


An
[Kanzlei Rechtsanwalt Kaleck]


Btr.: Massnahmen nach neuer Feststellung im Fall Boris F-----



Sehr geehrter Herr Kaleck,

das von Ihnen benötigte Protokoll des notariellen Vorgangs erhielten wir erst am 22.3. Wir hatten bereits vorarbeit geleistet um in diesem Brief Ihnen die wichtigsten Fakten des neuen Vorgangs zu präsentieren. Bitte berücksichtigen Sie das wir juristische Laien sind und wir es deshalb Ihnen überlassen möchten Ihren Entwurf durch diesen Brief zu ergänzen.

Der Vorgang begann mit der Abholung der Asservate am 5.3.02. Dabei wurde festgestellt das alles in undurchsichtigen Kartons versiegelt war. Grund der Abholung war weitere kriminaltechnische Untersuchungen privat in Auftrag zu geben. Hierzu war beabsichtigt alle Asservate in Augenschein zu nehmen um sich von ihrem Vorhandensein und ihrem einwandfreien Zustand zu vergewissern. In Anwesenheit eines Notars wurde am 7.3.02 zunächst der Karton mit dem "Strangwerkzeug", ein Gürtel mit Draht, geöffnet. Darin fand man den Gürtel zusammen mit dem Draht in einem durchsichtigen Plastikbeutel der nicht geöffnet wurde. Der Vorgang wurde notariell protokolliert. Es war das erste mal, dass wir dieses Asservat sahen.

Wir können versichern das unser Sohn Boris einen solchen Gürtel nie besessen hat. Er trug nur Jeans und einen Gürtel von voller Breite. Auch kennt seine Mutter alle seine Gürtel da sie immer seine Kleidung wusch. Noch am Tage seines Verschwindens, am 17.10.98, hat sie Mittags seine Hose gewaschen und dafür den Gürtel herausgezogen. Sie legte ihm den Gürtel zu einer anderen Jeans die er dann zusammen mit dem Gürtel anzog. Sie kennt den Gürtel mit dem er verschwand sehr gut da sie ihn selbst auf einer Reise für ihren Sohn kaufte.

Dieser asservierte Gürtel jedoch kann unser Sohn nie getragen haben. Denn er ist mit 114 cm (inkl. 3 cm Schnalle) deutlich zu lang. Der damit mögliche minimale Taillenumfang beträgt 93 cm. Unser Sohn hatte aber einen Taillenumfang von ca. 75 cm. Ihm wurde immer nur die kürzeste Gürtellänge von 85 cm gekauft und er musste zusätzlich noch ein weiteres Loch anbringen. Es ist daher technisch ausgeschlossen, dass unser Sohn den Gürtel des Strangwerkzeugs je getragen hat. Die daran sichtbaren Gebrauchsspuren, entsprechend Taillenumfang 96 cm, können auch nicht von ihm stammen.

Da der Gürtel nicht um die Taille unseres Sohnes schliessbar war stellt sich die Frage nach dem Verbleib seines eigenen Gürtels. Denn daran waren sein Handy eingeklipt und seine Werkzeugtasche eingeschlauft. Diese beiden Gegenstände wurden nahe des Baumes am Boden gefunden, von seinem Gürtel fehlt aber jede Spur.

Aufgrund dieser neuen Tatsachen Festellung sehen wir die Frage einer Fremdeinwirkung beim Tötungsvorgang wieder akut. Wir bitten daher zu untersuchen ob unser Sohn diesen Gürtel je selbst angefasst hat, also ob sich darauf seine Fingerabdrücke befinden.


Des weiteren haben wir nun erstmals den an dem Gürtel befestigten Draht gesehen. Unser Sohn hatte Probleme mit der räumlichen Orientierung bei Schleifenkonstruktionen. Er trug deshalb Schuhe mit Klettverschluss und hatte noch wenige Tage vor seinem Tod bei Gartenarbeiten mit seinem Vater unüberwindliche Schwierikeiten einen Drahtzaun zu reparieren. Der Draht des Strangwerkzeugs ist derart kunstvoll und gekonnt mit dem Gürtel verknotet das wir ausschliessen das unser Sohn dies machte.

Aufgrund dieser weiteren neuen Tatsachen Festellung sehen wir die Frage einer Fremdeinwirkung beim Tötungsvorgang noch akuter. Wir bitten daher zu untersuchen ob unser Sohn diesen Draht je selbst angefasst hat, also ob sich DNA Material von ihm daran befindet.

Eine Sicherung von DNA Material vom Draht wurde 1998 vom LKA veranlasst, eine Auswertung erfolgte aber nicht. Dem Strangwerkzeug lag als weiteres Asservat ein Behältnis mit der Beschreibung "div. Objekttraeger mit dna-faehigem Material vom Guertel, durch LKA PTU 42 gesichert" bei. Sollte es sich dabei um Proben nicht vom Gürtel sondern vom Draht handeln, so könnte man diese Untersuchen. Ansonsten bitten wir vom Draht DNA Material abzunehmen.

Wir bitten um diese Fingerabdruck und DNA Untersuchung da wir in diesen Feststellungen neue Fakten im Todesfalle unseres Sohnes sehen.

Es war für uns sehr erschütternd das Strangwerkzeug zu sehen mit dem unser geliebter Sohn ermordet wurde. Und das die Polizei nicht erkannte, dass dies ja überhaupt nicht sein Gürtel sein konnte. Wir möchten dieses Versagen nicht interpretieren, fanden es aber besonders schockierend.


Mit freundlichen Grüssen

[Die Eltern von Boris F.]


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